Spule I (Klasse E)

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Das dritte passive Bauelemenet in der Funktechnik ist die Hochfrequenzspule. Sie besitzt eine Induktivität L, die in Henry angegeben wird. Der Formelbuchstabe L wurde zu Ehren des Professors Emil Lenz aus St. Petersburg (1804 – 1864) gewählt. Die Benennung einer Induktivität ist zu Ehren des amerikanischen Physikers Joseph Henry (1797 – 1878) nach ihm benannt. 1 Henry ist die Induktivität, die bei einer Stromänderung von 1A in einer Sekunde eine Selbstinduktionsspannung von 1 V erzeugt. 1 H = 1 Vs/A

In der Praxis wird die Induktivität im Bereich von Millihenry (mH), Mikrohenry (µH) oder Nanohenry (nH) liegen.

Siehe Abbildung 39.

Die einfachste Bauform einer Spule nennt man „gerade Zylinderspule“.

Abbildung 34: Aufbau einer Spule

Betrachtet man den Aufbau einr Spule, dann findet man folgende Größen:

  1. Spulenkern mit einer Querschnittsfläche A
  2. Der Spulenkern kann aus einem speziellen Material bestehen, das magnetische Felder verstärken kann.
  3. Anzahl N der Spulenwindungen aus Kupferlackdraht oder versilbertem Kupferdraht
  4. Spulenlänge l

Aus diesen Abmessungen läßt sich die Induktivität L nach folgender Formel berechnen:

$L = \dfrac{\mu_0 \cdot \mu_r \cdot N^2 \cdot A_S}{l}$

siehe Anhang Formelsammlung Seite 236 „Induktivität einer langen Zylinderspule“ oben rechts

Verschiedene Spulenarten sieht man in 35, 36 und 37.

Abbildung 35: Spulen in Antennenanpassgeräten

Merke:

  1. Wenn die Windungszahl steigt, dann steigt auch die Induktivität L
  2. Wenn die Spule zusammengedrückt wird, dann steigt die Induktivität L
  3. Wenn die Querschnittsfläche vergrößert wird, dann steigt die Induktivität L
  4. Wenn das Magnetfeld in der Spule durch ein geeignetes, magnetisch leitfähiges Material (z.B. Eisen) verstärkt wird, dann steigt die Induktivität L
EC306: Vorausgesetzt sind zwei Spulen in gleicher Umgebung, mit gleicher Windungszahl und mit gleicher Querschnittsfläche. Die erste Spule hat eine Induktivität von 12 μH. Die zweite Spule hat die doppelte Länge der ersten Spule. Wie hoch ist die Induktivität der zweiten Spule?
EC307: Wie ändert sich die Induktivität einer Spule von 12 μH, wenn die Windungszahl bei gleicher Wickellänge verdoppelt wird?
EC305: Wie kann man die Induktivität einer zylindrischen Spule vergrößern?

Wenn die Windungszahl verringert wird, dann sinkt die Induktivität, aber selbst bei einer halben oder Viertelwindung ist noch eine Induktivität vorhanden, sodass man sagen kann, jedes Stück Draht besitzt eine Induktivität.

EC304: Hat ein gerades Leiterstück eine Induktivität?

Im Gegensatz zum Kondensator, erzeugt die Spule ein Magnetfeld, sobald ein Strom durch die Spule fließt. Die Stärke des Magnetfeldes hängt von der Stromstärke und der Windungszahl ab. Daraus ergibt sich folgende Formel für die magnetische Feldstärke H:

siehe Formelsammlung Seite 236 „Magnetische Feldstärke einer Ringspule“ oben rechts

Die Formel gilt auch für eine Zylinderspule.

Wenn sich innerhalb der Spule ein magnetisch leitfähiges Material befindet (z.B. Eisen, Ferrit) dann wird das Magnetfeld verstärkt. Diese Eigenschaft lässt sich mit folgender Formel berechnen:

siehe Formelsammlung Seite 236 oben rechts

$\mu_0 = 1,2566 \cdot 10^{-6}\frac{H}{m}$: magnetische Feldkonstante

siehe Anhang Formelsammlung Seite 243 „Magnetische Feldkonstante“ unten rechts

Praktische Anwendungen:

Schwingkreisspulen mit hoher Güte: siehe Abschnitt Schwingkreise

Drosselspulen in Verstärkern zur Abschwächung von unerwünschen Hochfrequenzströmen: siehe Abschnitt parasitaere Schwingungen

Transformatorspulen: siehe Abschnitt Transformator

Spulen als kurzzeitiger Energiespeicher in Schaltnetzteilen oder Step-Up/Step-Down Wandlern

Ringkernspulen für HF-Übertrager

Abbildung 36: Spulen in Sendern
  1. Luftspule aus versilbertem Kupferdraht für den VHF Bereich
  2. Ringkernspule mit Kupferlackdraht
  1. Scheibendrosselspule mit 4 Scheiben aus Kupferlitze
  2. Scheibendrosselspule mit 5 Scheiben aus Kupferlitze
Abbildung 37: Spulen in Empfängern
  1. Filterspule mit zwei Wicklungen
  2. Kreuzwickelspule mit Ferritkern
  3. Ferritkern mit 4 Windungen Draht
  4. Zweiloch Ferritkern als HF-Übertrager

Verwendete Schaltzeichen für Spulen.

Luftspule
Abbildung : Spule
Spule mit festem Eisenkern
Spule mit drehbarem Ferritkern
Rollspule zur Veränderung der Induktivität im Betrieb
Tabelle 4: Schaltzeichen für unterschiedliche Spulenbauarten

Experiment:

Werden 50 Windungen dünner Kupferlackdraht (Durchmesser 0,5 mm) auf ein Rundholz (z.B. Aststück) aufgewickelt und wird diese Spule dann über einen strombegrenzenden Vorwiderstand (z.B. 100 Ω/ 2W) an 12 V angeschlossen, dann wird ein Elektromagnetfeld erzeugt.

Wenn man jetzt einen Nagel in die Nähe der Spule bringt, dann wirkt durch das Magnetfeld eine Kraft auf ihn ein.

Wird ein Kompass in die Nähe des Elektromagnetfeldes gebracht, dann kann man sogar den Nord-und Südpol dieses Elektromagneten erkunden. Es gilt die Reger:

Ungleiche Pole ziehen sich an. Zeigt der Nordpol des Kompasses auf den Elektromagneten, dann befindet sich dort ein Südpol.

Professors Emil Lenz aus St. Petersburg (1804 – 1864) hat die Lenzsche Regel verfasst.

Sie lautet für den Einschaltstrom durch eine Spule, die an einer Gleichspannung angeschlossen ist:

Die Spule erzeugt eine Selbstinduktionsspannung, die der Ursache, also dass ein Strom fließen soll, entgegenwirkt, deshalb wird der Einschaltstrom nur langsam ansteigen. Die Spule wird über einen Vorwiderstand an eine rechteckförmige Gleichspannung angeschlossen, dann wird im Einschaltmoment der Stromfluss „behindert“ und steigt deshalb nur langsam bis zu einem Maximalwert an. Im Ausschaltmoment will die Selbstinduktionsspannung den Stromfluss aufrecht erhalten. Die Spule wirkt dann als Generator, dessen Induktionsspanung entgegengesetzt zur vorherigen Polarität entsteht. Diese Vorgänge kann man gut mit Hilfe eines Oszilloskops beobachten,

Abbildung 38: Ein-und Ausschaltverhalten der Spulenspannung und des Spulenstroms
EC301: An eine Spule wird über einen Widerstand eine Gleichspannung angelegt. Welches der nachfolgenden Diagramme zeigt den zeitlichen Verlauf der Spannung über der Spule?
EC302: Schaltet man zwei Leuchtmittel gleichzeitig an eine Gleichspannungsquelle, wobei ein Leuchtmittel, Lampe 1, zum Helligkeitsausgleich über einen Widerstand und das andere, Lampe 2, über eine Spule mit vielen Windungen und Eisenkern angeschlossen ist, so ...

Hinweis: Der Stromfluss durch Lampe 2 steigt langsamer an, als durch Lampe 1, da eine Spule vorgeschaltet ist, deren Selbstinduktionsspannung den Einschaltstrom nur langsam ansteigen lässt.

Abbildung 39: Zusammenfassung
EA102: Welche Einheit wird üblicherweise für die Induktivität verwendet?

Ähnlich wie beim Kondensator verhält sich eine Spule unterschiedlich, wenn sie an Gleichspannung oder an Wechselspnnung angeschlossen wird.

In der Funktechnik ist vor allem das Verhalten an Wechselspannung wichtig.

Die Spule zeigt, ähnlich wie ein Kondensator, einen „Wechselstromwiderstand $X_{\textrm{L}}$“, dass heißt, obwohl der Spulendraht nur einen sehr kleinen ohmschen Widerstand (Leiterwiderstand) besitzt, fließt ein Strom, der aber mit steigender Frequenz der Wechselspannung kleiner wird. Der Wechselstromwiderstand (induktiver Blindwiderstand $X_{\textrm{L}}$) steigt an.

Die Berechnungsformel findet man in der Formelsammlung auf Seite 236 unter „Induktiver Blindwiderstand $X_{\textrm{L}}$“ links oben.

In den Fragen zur Klasse A werden wir näher darauf eingehen.

Mit einem vektoriellen Network Analyzer (VNA) läßt sich die Abhängigkeit des induktiven Blindwiderstandes

von der Frequenz leicht darstellen. Wir sprechen auch hier von einem Blindwiderstand, da eine verlustfreie Spule keine Wirkenergie aufnimmt. Sollte eine Spule bei Hochfrequenzanwendungen warm werden, dann besitzt sie Verluste, die diese Erwärmung bewirken.

Die Verluste entstehen durch den ohmschen Widerstand des Drahtes und zusätzlich wirkt auch noch der Skin-Effekt, der den Drahtquerschnitt scheinbar verkleinert.

Abbildung 40: Messung des induktiven Blindwiderstandes von 25cm Draht
Abbildung 41: Veränderung des induktiven Blindwiderstandes $X_{\textrm{L}}$ (rote Linie) von 25 cm Draht bei 10 bis 100 MHz
EC303: Welches Verhalten zeigt der Wechselstromwiderstand einer idealen Spule mit zunehmender Frequenz?

Die richtige Lösung kann man in Abbildung 41 an der roten Linie erkennen.

Lösungshinweise:

EC306 : 12 µH : 2

EC307 : 12 µH x 2

EC305 : Länge l verringern